Merseburger Corax hat gleich zwei "Rabenmütter"
Raben-Feiertage und gute Aussichten fürs neue Jahr

Merseburg (red). Die Feiertage allein zu verbringen und dann noch hinter Gittern - eine schöne Vorstellung ist das nicht. Merseburgs Rabe, derzeit noch solo und im Käfig des Schlosses zu Hause, fühlt sich dennoch richtig wohl.

Der Merseburger Rabe

 

Oxana Wiegand und Lydia Hartmann von der Kreisverwaltung kümmern sich rührend um den Corax. Während Oxana Wiegand über die Woche das Maskottchen der Domstadt versorgt, ist Lydia Hartmann am Wochenende und an den Feiertagen die "Rabenmutter". Zweimal täglich bekommt er sein Futter, welches vom Südpark der Stadt angeliefert wird.

Lydia Hartmann lüftete vor dem Weihnachtsfest das Geheimnis, was auf dem Speiseplan der Feiertage stand: Da gab es unter anderem Weinbeeren, Gemüse und als "Festtagsbraten" ein Küken. Aas ist übrigens ein wesentlicher Futter-Bestandteil des größten Vertreters der Sing- und Rabenvögel, weshalb der Kolk auch als „Geier des Nordens“ bezeichnet wird. Und auch etwas zum Naschen gab es ausnahmsweise zu Weihnachten und Silvester für den Merseburger Raben.

"Unser Corax mag Schokoladenplätzchen", lacht die 44-jährige "Rabenmutter". Speis und Trank ist jedoch für den Bussard großen Vogel - er ist etwa 65 Zentimeter lang und rund drei Pfund schwer - nur das Eine. Die beiden Frauen sorgen auch für einen sauberen Käfig und Zeitvertreib. Spielen sei absolut sein Ding, sagen sie. "Mein Kleiner", ruft Oxana Wiegand den Raben. Der krächzt lautstark zurück und balanciert vor Freude auf dem Geäst. Will er beschäftigt werden, greift sich der Rabe ein Stöckchen und wirft es den Frauen hin. Das Spiel kann sich stundenlang wiederholen.

"Gehackt hat er uns noch nie. Er lässt sich sogar von uns die Federn streicheln", meint die Pflegerin. Am liebsten spiele er mit einem Ring oder einem Hühnerei. Wieder und wieder rolle er es durch den Sand, dann picke er es an und schlürfe es aus. Mit viel Bewunderung würden das die Besucher am Käfig beobachten. "Wenn Fragen zu unserem Raben kommen, beantworten wir die gern", sagt Frau Hartmann. Und die kämen oft.

Die Feiertage hinter Gittern - ja. Aber allein ist der Merseburger Rabe nicht. So mancher wird sich auf den Weg zum Schloss gemacht und dem Vogel einen Besuch abgestattet haben, oder dies noch tun. Und in den nächsten Wochen bekommt der Kolk einen großen Käfig. Davor steht aber noch ein Umzug in den Südpark an, wo derzeit vier Raben leben. Die beiden Pflegerinnen werden den Raben begleiten und weiterhin betreuen.

Zurück ins neue "Eigenheim" soll es für ihn übrigens mit einem Partner gehen. Gute Aussichten also für den Merseburger Raben im neuen Jahr!

Hintergrund ist die Rabensage:

Im 15. Jahrhundert lebte in Merseburg Bischof Thilo von Trotha. Er besaß einen goldenen Siegelring, ein Geschenk seines Freundes, des Bischofs von Naumburg. Eines Morgens ließ er ihn am offenen Fenster liegen und bemerkte nach kurzer Abwesenheit den Verlust des Ringes. In seinem Zorn bezichtigte er seinen langjährigen Diener des Diebstahls und traf eine folgenschwere Entscheidung. Obwohl der Diener heftig seine Unschuld beteuerte, ließ er ihn in den Kerker werfen und hinrichten.

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